am 18.11.2006

Leider lässt die heutige Vielzahl der Angebote an Prüfungen wenig Spielraum, die noch verbleibenden freien Wochenenden auf Ausstellungen (die zwar immer noch Zuchtschauen heißen, tatsächlich aber Schönheitswettbewerbe sind) zu verbringen.

Am 18.11.06 passte es seit langer Zeit einmal wieder, denn für den 19.11.06 war die Zuchtrichterfortbildung angesetzt, an der ich sowieso teilnehmen wollte (und die ich als Pflichtveranstaltung auch besuchen musste). Aus diesem Grund hatte ich Dillys und Enya für die Clubsiegerschau in der Gebrauchshundeklasse angemeldet.

Alle Besitzer – insbesondere die Züchter – eines Labradors vom alten Typ möchte ich ermutigen, auch ihre Hunde einmal auszustellen.

Unsere Richter, die nicht alle schon seit Jahrzehnten dabei sind, wissen oft nur wenig darüber, wie die Rasse vor 50 Jahren ausgesehen hat. Vielleicht haben diese ja Lust, sich Fotos der Clubsieger aus alten Tagen anzusehen, z. B.: Int. Ch. Owlcroft Helena, Clubsieger Batjana vom Keien Fenn, Clubsieger Cita vom Keien Fenn oder auch das von Poolstead Purser, der damals auf Ausstellungen immer mit vorzüglich bewertet wurde oder auch F. T. Ch. Tibea Tosh, der noch 1998 von Janice Pritchard (eine sehr bekannte englische Richterin und Züchterin unter dem Zwingernamen Charway) in der Gebrauchshundeklasse mit V1 bewertet wurde.

Int. Ch. Owlcroft Helena (Kaya)

Clubsieger Cita vom Keien Fenn

Poolstead Purser

Auch das Studium von Fotos der ursprünglichen Labradors und Dual Champions, die es heute leider nicht mehr gibt, hilft, den alten Typ kennen und schätzen zu lernen.

Quelle: H.W. Clayton, The 1982 Labradorbook

Ich persönlich bin froh, dass es mir immer noch einigermaßen gut gelingt, den Labrador Retriever des alten Typs zu züchten, der ohne Probleme eine Ausdauerprüfung (20 km am Fahrrad) besteht und im Stande ist 18 km durchschnittlich in der Stunde am Fahrrad zu traben.

Oft sind diese Hunde ein wenig länger im Rücken und etwas höher auf den Läufen. Unter anderem auch deswegen sind sie zum Laufen prädestiniert.
Passend zu diesem Körperbau ist oft auch die etwas längere Rute (soll ohne die Haare an der Spitze bis zum Sprunggelenk reichen). Ideale Otterruten findet man aber auch beim modernen Typ des Labrador Retrievers nicht regelmäßig. Dazu tragen u. U. die Besitzer bei, indem sie die Rute am Ende zu stark und falsch, nämlich rund, zuschneiden. Scheinbar verwechseln sie das gerundete Aussehen (arounded appearance discribed as „Otter“ tail) der Otterrute mit einem runden Ende der Rute.

Quelle: H.W. Clayton, The 1982 Labradorbook

Im Standard aber heißt es ausdrücklich: „very thick towards base, gradually tapering towards the tip“.

Es sollte auch nie vergessen werden, dass die Behaarung am Ende der Rute ein natürlicher Schutz gegen die Verletzungsgefahr z. B. im dichten Unterholz ist.
Bei der Beurteilung der Rückenlinie sollte auch immer berücksichtigt werden, dass jeder Hund einen sogenannten diaphragmatischen Wirbel besitzt. Dieser Wirbel befindet sich auf der Höhe des Zwerchfells, sein Dornfortsatz zeigt ungefähr senkrecht in die Höhe. Die Dornfortsätze der Brustwirbelsäule richten sich nach hinten und sind relativ lang, während sich die kürzeren Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule nach vorne neigen.
Dadurch entsteht auf Höhe des diaphragmatischen Wirbels immer eine mehr oder weniger deutliche Delle, die, je nachdem, wie der Hund hingestellt wird, mehr oder weniger deutlich sichtbar wird. Beides sieht man auf den Fotos der alten Dual Champions.

Laut VDH Statuten darf ein „vorzüglicher“ „kleine Unvollkommenheiten“, ein „sehr guter“ Hund „einige verzeihliche Fehler“ aufweisen. Ein Hund, der mit „gut“ bewertet wird, muss Fehler aufweisen, unter der Bedingung, dass diese nicht verborgen werden.

Das zeigt deutlich, wie sehr die Beurteilung in das Ermessen des Richter gestellt ist, denn eigentlich müsste es für eine einheitliche Beurteilung eindeutigere Definitionen der kleinen Unvollkommenheiten, verzeihlichen Fehler und eine Auflistung der Mängel geben.
Weil es diese Auflistung nicht gibt, wird auch verständlich, dass ein Hund an zwei aufeinander folgenden Tagen mit „gut“ und „vorzüglich“ bewertet werden kann.

Werdandi Ansgar

Beurteilung 1 – Mrs. Sh. Walton, GB:
Gentle expression. Would like a little more work in his head. Good reach of neck, good shoulders, would like more cat-like feet. Tends to slope away behind. Would like a more otter tail. Toed in front of the move. FW: gut

Beurteilung 2 (einen Tag später) – Mrs. Anne Taylor, GB:
Well balanced medium sized dog, nice head and expression, good reach of neck, clean outline, bone ok, in very good body condition, good turn of stifle, would like more undercoat, movement very sound. FW: excellent



So bin ich zufrieden, dass beide von mir ausgestellten Hunde mit „gut“ bewertet wurden.

Richterbericht von Enya vom Keien Fenn vom 18.11.06, Richterin T.v. Adrichem Boogaert-Kwint: weiblicher Kopf, lieber Ausdruck aber ich hätte gerne im Gesamten ein typischeren Labrador gesehen, der mehr Masse im Kopf zeigt, Pigmentierung ist nicht da, genuegend Vorhandentwicklung, Oberarm ist ziemlich kurz, Rückenlinie ist etwas durchgesenkt, Rutenansatz etwas niedrig, gute Hinterhandwinkelung, gute Behaarung, in Gang könnte sie im Ellenbogen fester sein, sehr süßes Wesen und gut vorgeführt.

Richterbericht von Dillys vom Keinen Fenn: weiblicher Kopf, zeigt ein wenig Bindehaut, Nasenrücken etwas downfaced, gutes Ohr, guter Hals, ziemlich kurz im Oberarm mangels Vorbrust, könnte etwas tiefer in der Lende sein, Oberlinie könnte besser sein, Rute nicht Otterlike, etwas fein in den Knochen, schönes wedeln, happy temperament, im Gang kann sie noch etwas fester sein, schöner Kontakt mit der Vorführerin.

Eine Woche später wurde Dillys erneut auf einer LCD Spezialzuchtshow "Sieger NRW" in Rheinberg (Richterin: Carol Reynolds, GB) vorgestellt und erhielt dieses Mal ein „sehr gut“ mit folgender Beurteilung:
Much finer working girl, showing well at all times, very fit, I'm sure works very well, at one with handler, moved well.

Leni Niehof-Oellers im November 2006