Statistiken HD- und ED-Gutachten

Ist unsere Zuchtstrategie erfolgreich?

Seit 1999 sind zu den HD- und ED-Gutachten keine nach Jahrgängen getrennte Statistiken mehr veröffentlicht worden.

Nur eine solche lässt aber Rückschlüsse auf Erfolg, Misserfolg oder Stagnation einer Zuchtstrategie zu.

Bei einem Erfolg ist zu erwarten, dass sich die Ergebnisse – wenn auch nicht von Jahrgang zu Jahrgang, so doch aber sukzessive – verbessern.

Da andere Länder, aus denen Hunde importiert wurden, keine oder andere Zuchtstrategien verfolgen, wurden bei den Zuchtbucheintragungen lediglich die im DRC gezüchteten Hunde berücksichtigt.

Da das ED-Röntgen der Zuchttiere im DRC erst seit 1992 Voraussetzung für die Zuchtzulassung ist, können frühere Zahlen in dieser Betrachtung vernachlässigt werden. Ebenso werden die Jahrgänge ab 2009 nicht berücksichtigt, weil nicht alle Hunde eines Jahrganges direkt mit einem Jahr geröntgt werden; d.h. diese Zahlen werden sich noch ändern.

Festzustellen ist, dass nach Etablierung des ED-Röntgens seit 1995 über 50 % der eingetragenen Hunde geröntgt werden.

1994 wurden schon 52 % dieses Jahrgangs auf HD geröntgt aber nur 48 % auf ED.

Da das HD-Röntgen in aller Regel zeitgleich mit dem ED-Röntgen stattfindet, wäre zu erwarten gewesen, dass die Prozentzahlen mehr oder weniger identisch sind.

Das ist aber nur in wenigen Jahrgängen der Fall.

In den meisten Jahrgängen liegt der Prozentsatz ED geröntgter Tiere um ca. 1 Prozent niedriger als bei den HD geröntgten.

Bedeutet dieses tatsächlich, dass etliche Besitzer ihre Tiere auf HD aber nicht auf ED röntgen lassen?

Viel wahrscheinlicher ist doch, dass Röntgenaufnahmen, die ein schlechtes Ergebnis erwarten lassen, gar nicht erst zur Begutachtung eingeschickt werden. Durch solche Praktiken werden Statistiken geschönt und stellen nicht unbedingt immer die Realität dar.

Leider ist ein weiterer Anstieg der Akzeptanz zum Röntgen nicht zu verzeichnen. Im Jahr 2002 wurde mit 65,17 Prozent (HD) und 63,91 (ED) die bisher höchste Quote geröntgter Tiere, die zur Begutachtung kamen, erreicht.

Neben der Frage, ob durch die benutzte Zuchtstrategie eine statistisch relevante Verbesserung der Ergebnisse zu verzeichnen ist, ist es für eine Rasse mit kleinem Genpool für dessen Erhalt auch wichtig zu wissen, wie viele Tiere durch eine bestimmte Zuchtstrategie für die Zucht verloren gehen.

Hierfür sind die Zahlen bis zum Jahrgang 2008 aussagekräftig, da anzunehmen ist, dass in einem Alter von drei bis vier Jahren so gut wie alle Tiere, die zur Zucht verwendet werden sollen, auch bereits geröntgt worden sind.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es Zuchtvorschriften für HD im DRC bereits seit 1972 gibt, zudem etliche Jahre auch noch Hunde mit mittlerer HD zur Zucht zugelassen wurden, da es damals ausschließlich Hunde mit mittlerer HD gab.

Erst Jahre später wurden Hunde mit mittlerer HD nicht mehr zugelassen. Deshalb sollen hier auch für HD nur die Zahlen ab Jahrgang 1992 berücksichtigt werden.

Die Prozentzahl der Hunde, die gute HD-Ergebnisse im zuchttauglichen Bereich aufweist (frei, Grenzfall, leicht) steigt ab 1992 von 37,60% bis 53,38% (1996) um im Jahr 1997 wieder auf 51,20% abzusinken.

Erst 1999 liegt der Wert wieder minimal über dem des Jahrganges 1996 und steigt auf 56,55% im Jahr 2000, über 57,19% (2001) bis auf 61,93% im Jahr 2002.

Danach sinken die Zahlen wieder in den folgenden 5 Jahren. Der Wert liegt bei durchschnittlich 55,79% mit einem sprunghaften Anstieg auf 61,96% im Jahr 2008.

Es bleibt festzustellen, dass die Anzahl der zuchttauglich befundeten Hunde im Hinblick auf HD leider nicht von Jahrgang zu Jahrgang zunimmt.

Betrachten wir aber nicht den ganzen Jahrgang sondern nur die Tiere, die auch geröntgt wurden, ist ein Absinken der Prozentzahlen nicht festzustellen.

Von 1992 (82,5%) bis 1994 (83%) sind die Zahlen der zuchttauglichen Tiere bezogen auf die Gesamtanzahl der geröntgten Tiere relativ konstant. Im Jahr 1995 steigen sie um mehr als 10 % auf 93,33% an, um sich danach für viele Jahre (bis 2006) wieder einigermaßen konstant im Bereich zwischen 93 und 95% zu bewegen. Erst 2007 ist wieder ein Anstieg auf 96,61% und 97,39% im Jahr 2008 zu verzeichnen.

Was bedeuten diese Zahlen für den Erfolg der Zuchtstrategie oder für die Zucht und wie können sie interpretiert werden?

Die Erfolge sind zumindest nicht überzeugend, denn über einen Zeitraum von 12 Jahren hat es keine eindeutige Verbesserung gegeben. Zudem ist es eine Tatsache, dass viele schlechte Röntgenaufnahmen gar nicht ausgewertet werden, weil sie entweder von den Röntgentierärzten nicht zur Auswertung eingeschickt werden oder der Gutachter selber diese nicht auswertet, wenn der Besitzer dieses nicht wünscht.

Außerdem darf nicht vergessen werden, dass es im Laufe der Jahre bisher drei verschiedene Gutachter für HD (zwei für ED) gegeben hat und dass trotz allgemeingültiger Beurteilungskriterien die Beurteilung von Gutachter zu Gutachter gewisse Unterschiede aufweisen kann, d.h. der eine beurteilt sehr eng, der andere etwas großzügiger.

Da ein Labrador Retriever aber selten mit einer röntgenologisch nicht ganz so guten Hüfte Probleme hat, plädiere ich unbedingt dafür, die Kriterien für die Zucht nicht anzuziehen.

Zu überlegen wäre allerdings, ob eine Änderung der Zuchtstrategie mit Einbeziehung der Zuchtwertschätzung nicht sinnvoll wäre und die Ergebnisse damit noch zu verbessern wären.

Wie sehen die Zahlen nun für ED aus?

In den ersten Jahren greift die für ED angewandte Zuchtstrategie. Von 1992 (32,76) bis 2002 (61,75) ist mit Ausnahme eines Einbruches im Jahr 1997 (48,30) und 1998 (52,04) ein stetiger prozentualer Anstieg der zuchttauglichen Tiere bezogen auf die Gesamtzahl der in diesem Jahrgang gezeugten Hunde zu verzeichnen, während die Prozentzahlen der sich im zuchttauglichen Bereich befindlichen Hunde – nur auf die geröntgten Tiere bezogen – nicht so eindeutig zeigen. Obwohl auch in diesem Bereich sicher etliche schlechte Aufnahmen gar nicht in die Wertung kamen, ist ein Aufwärtstrend nur von 1992 (88,46%) zu 1993 (93,60%) bis 1995 (96,11%) sicher auszumachen. In den folgenden Jahren schwanken die Zahlen im Bereich zwischen 93 und 95 %.

Auch hier unterliegt die Bewertung zu oft subjektiven Kriterien.

International gab es nach IEWG Richtlinien nur für kurze Zeit die Einteilung der ED in 5 Grade, während der DRC weiter daran festhält. Auch dieses erschwert einen Vergleich von Land zu Land und wirft Fragen auf. Welchem Grad werden die in Deutschland mit Grenzfall befundeten Tiere im Ausland zugeordnet? Tatsächlich gibt es eine Anzahl von Labrador Retrievern, die je nach Land unterschiedliche Bewertungen erhielten. Unsere Zucht von solchen. Zufälligkeiten abhängig zu machen kann im Einzelfall ungerecht sein.

Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass ein Ausschluss der Hunde mit ED Grad I zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht ist. Solange wir den Genotyp der einzelnen Hunde nicht kennen, wird ein Ausschluss weiterer Hunde von der Zucht bei einem polygenetischen Merkmal vermutlich kaum Erfolge bringen.

Da ED für die meisten der betroffenen Hunde einen echten Krankheitswert hat, besteht hier aber ein dringender Handlungsbedarf, um die Situation für unsere Rasse zu verbessern.

Um so schnell wie möglich weniger Hunde mit ED züchten zu können, ohne zu viele Hunde für die Zucht zu verlieren, sollte gerade für dieses Problem auch das Instrument der Zuchtwertschätzung, das viel mehr über das zu erwartende Ergebnis für den geplanten Wurf aussagt, benutzt werden.

So lange aber so viele Röntgenaufnahmen von schlechten Hüften und Ellenbogen nicht zur Auswertung eingeschickt werden, bleibt zu befürchten, dass auch die Zuchtwertschätzung keine nennenswerten Erfolge bringen wird.

Nur ein Wechsel zu dieser Zuchtstrategie könnte das aber zeigen.

Februar 2012 Dr. Helena Niehof-Oellers

Ich danke der Zuchtkommission für Labrador Retriever für die Zurverfügungstellung der Daten.

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